Meine Tochter Antonia (9 Jahre, 3. Klasse) sollte das erste Mal zu einem frei wählbaren Thema recherchieren und es präsentieren. Das Thema “Wetter” und die Präsentationsform (Plakat) standen sehr schnell fest. Sie war aber nicht sicher, wie sie recherchieren sollte. Wo würde sie die Infos finden? Welche Infos sollten überhaupt aufs Plakat?
Wir haben das Plakat in einem Zeitraum von 2 Wochen erstellt. Teilweise waren ein paar Tage zwischen den einzelnen Schritten. Deswegen kann ich mir vorstellen, dass ein Kind es auch in einer Woche schaffen kann. Für einen kürzeren Zeitraum könnte man auch nur einen Teil der Fragestellung herausnehmen und konkreter formulieren. Zum Beispiel statt „Das Wetter“ besser „Warum verändert sich das Wetter?“.
Das Plakat entstand in 4 Schritten:
- Quelle finden
- Infos sammeln
- Infos ordnen
- Umsetzung
Quelle finden
Wir hatten keinerlei Vorgaben, WO wir die Infos finden sollten. Deswegen versuchten wir es zuerst über Texte aus verschiedenen Online-Enzyklopädien:
Wir hätten natürlich auch Bücher aus der Bibliothek ausleihen können. Beim Durchstöbern der Online-Texte merkte ich aber schon, dass es meiner Tochter relativ schwer fiel, die Fließtexte mit vielen fremden Wörtern zu durchstöbern. Sehr schnell ließ dabei ihre Konzentration nach. Deswegen entschied ich mich, eher nach einer anderen Quelle zu suchen, wo die Inhalte schon gefilterter und einfacher präsentiert werden. So versuchten wir es mit einem Erklärvideo für Kinder. Es lief gleich viel besser und wir könnten zum nächsten Schritt übergehen.
Infos sammeln
Als Vorbereitung notierten wir vier Fragen auf jeweils ein A4-Blatt: Was ist das Wetter? Wie verändert sich das Wetter? Wieso ist es manchmal heiß und manchmal kalt? Wieso schneit es oder fallen Blätter von den Bäumen?
Meine Tochter hatte Spaß am Videoschauen. Etwas machte es noch besonders: ich bat sie parallel mitzuschreiben und Bilder zu skizzieren über das, was sie im Video wichtig fand. Das nennt man übrigens visuelle Notizen oder Sketchnotes. Ich schrieb und zeichnete anfangs auch mit und stellte Zwischenfragen. Als Antonia von alleine arbeitete, ohne dass ich für sie zeichnete, hörte ich mit Mitschreiben auf.
Wir machten die Notizen auf kleinen Klebezetteln in vier verschiedenen Farben. Jedesmal wenn wir etwas aufschrieben, hielten wir das Video an. So hatten wir genug Zeit, um darüber nachzudenken, welche Farbe der Klebezettel haben sollte und was wir genau darauf schrieben und skizzierten. Antonia hatte eine große Freude daran, die Farbe zuzuordnen und den Klebezettel auf das passende Blatt zu kleben. Auch der Rhythmus zwischen Zuhören und Selber-Notieren war gut geeignet, um die Konzentration aufrecht zu erhalten.
Die verschiedenfarbigen Klebezettel erlaubten ihr auch, die Infos nach Wichtigkeit zu filtern und sie zu ordnen. So hatten wir am Ende schon eine Art Übersicht darüber, wie viel Info es tatsächlich war. Es war nicht zu viel und sah auf jeden Fall machbar aus!
Infos ordnen
Nun ging es daran, die gesammelten Informationen auf dem Originalformat so anzuordnen, dass es inhaltlich passt und gut aussieht. Antonia zeichnete den Titel gleich oben mittig und schlug 4 Spalten vor, da es ja vier Fragen seien. Nachdem wir auch die Reihenfolge festgelegt hatten, schrieb sie mit Bleistift vor. Dabei achteten wir darauf, dass jede Spalte die gleiche Breite hatte. Wenn sie mal länger wurde, konnten wir die Breite durch Radieren und Neuschreiben leicht korrigieren. Nun konnte es losgehen mit der Organisation einer Spalte: welche Info sollte ganz oben stehen? Welche darunter?
Umsetzung
Antonia hatte sich ein schönes blaues Papier ausgesucht, dass sie für das finale Plakat nutzen wollte. Dieses wollte sie nun passend zur Skizze gestalten. Dafür schrieb und zeichnete sie erst einmal alle Texte und Bilder vor. Sie formulierte also die Texte aus und übertrug die Bilder der Klebezettel auf das etwas größere Format einer Spalte. Durch das Vorschreiben mit Bleistift hatte sie immer die Möglichkeit, Dinge zu löschen und hin- und herzuschieben, wenn der Platz mal anders organisiert werden sollte. Die gestalterische Freiheit machte ihr sichtlich Spaß.
Einen Schritt, nämlich die Gestaltung des Titels, hat sie auch noch vorweggenommen. Sie weiß schon, dass man Schrift passend zu einem Thema gestalten kann. In dem Buch “Handlettering for everyone”fand sie Inspiration für eine Wolkenschrift.
Nun war es endlich soweit und sie konnte die Bilder kolorieren und die Schrift mit einem Fineliner nachschreiben. Als alles stand, hat sie noch die Bleistiftspuren wegradiert. Und fertig war das Plakat!
Nun fehlte nur noch das Präsentieren-Üben.
Präsentation
Wir haben es ein paar Mal geübt. Sie war sehr sicher im Sprechen. Sie betrachtete hauptsächlich die Bilder und erzählte dann frei dazu.
Bevor sie das Plakat letzten Montag in der Klasse präsentierte, war ich mindestens genauso aufgeregt wie sie. Danach erzählte sie mir, dass es sehr gut angekommen sei bei der Lehrerin und ihren Mitschüler*innen. Alle fanden es gut, dass Antonia selber gezeichnet hat.
Für zukünftige Projekte hat die Lehrerin vorgeschlagen, auch mal einzelne kleinere Seiten zu präsentieren, die die Schülerin oder der Schüler nacheinander der Klasse zeigt. So wird der Bezug zwischen dem Gesprochenen und Gezeigten noch besser klar (Antonia hat auf dem großen Plakat nämlich nicht immer auf alle Bilder gezeigt).
Fazit
Ich hoffe natürlich, dass das Plakat die Lehrerin und die Schüler*innen auf neue Ideen bringt. Im Idealfall kann die Lehrerin SELBER solche Sketchnotes-Aufgaben geben. Sketchnotes sind hervorragend geeignet, um Dinge zu recherchieren, neue Infos besser zu verstehen und zu präsentieren. Ich werde auf jeden Fall weiter verfolgen, was die Lehrerin daraus macht.
Außerdem werde ich Antonia dazu ermutigen, ein Plakat mal komplett alleine zu gestalten. Ich habe ihr beim ersten Mal den Weg gezeigt und sie mit Werkzeugen und Verpflegung ausgestattet. Nun ist es vielleicht schon an ihr, ihren eigenen Weg zu gehen. :-)
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